Praxismanagement

Umgang mit schwierigen Patienten - Tipps für den Praxisalltag

Medizinische Fachangestellte erleben oft stressige oder herausfordernde Situationen. Dieser Beitrag zeigt, wie sie mit klarer Kommunikation, Deeskalationstechniken und strukturellen Maßnahmen souverän reagieren können – und wie gute Teamarbeit und Führung die Sicherheit und das Miteinander in der Praxis stärken.

20.6.2025
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output:  Moderner Krankenhausflur mit Empfang und Pflanzen.

Häufig gestellte Fragen

>Was tun bei Gewalt in der Praxis?

Ruhig bleiben, Kolleg:innen hinzuziehen, dokumentieren. Bei körperlicher Gewalt: Polizei rufen. Danach unbedingt psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen.

>Wie kann man Deeskalation lernen?

Über Präsenztrainings, Fallbesprechungen, E-Learnings oder Supervision. Viele Berufsverbände und Kammern bieten Schulungen an.

>Wie zeigt man als Praxisleitung echte Wertschätzung?

Zuhören. Unterstützen. Sich zeigen – auch bei Konflikten. Ein ehrliches „Danke, dass du heute ruhig geblieben bist“ kann mehr bewirken als ein ganzes Teamessen.

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Herausforderung

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Unhöfliche Kommentare, lautstarkes Auftreten oder sogar Drohungen - haben Sie das auch schon erlebt? Viele Praxisteams berichten: Die Zahl der belastenden Situationen nimmt zu.

Laut der KBV-Umfrage von 2023 geben 75 % der Praxen an, dass die Zahl aggressiver Patient:innen gestiegen ist. Besonders betroffen: MFA am Empfang. Sie sind erste Ansprechpartner:innen – und oft auch erste Projektionsfläche für Unzufriedenheit, Ängste oder Wut.

Was früher die Ausnahme war, wird heute zum belastenden Alltag. Die Frage ist nicht mehr, ob es eskaliert – sondern wann und wie gut das Team vorbereitet ist.

Warum eskalieren Patientensituationen?

Die Gründe sind vielfältig – und selten rein persönlich:

  • Gestiegener Zeitdruck auf beiden Seiten: Patient:innen erleben lange Wartezeiten, MFA kämpfen mit Termindruck und Ressourcenknappheit.
  • Frust über das Gesundheitssystem: Fehlende Leistungen, volle Wartezimmer, abgelehnte Behandlungen – viele fühlen sich alleingelassen.
  • Ängste & Kontrollverlust: Gerade in gesundheitlichen Ausnahmesituationen reagieren Menschen emotional. Angst kann sich in Wut oder Verweigerung entladen.
  • Fehlende Kommunikationskompetenz: Patient:innen haben selten gelernt, wie man konstruktiv kommuniziert. Ebenso kann es auch auf Praxisseite an Gesprächstechniken mangeln.
  • Digitalisierung & neue Abläufe: Wer QR-Codes oder Apps nicht versteht, fühlt sich ausgeschlossen oder überfordert.

Was MFA konkret im Umgang mit schwierigen Patienten tun können

Medizinische Fachangestellte sind Organisationstalente und Meister im Multitasking, aber keine Blitzableiter. Es ist völlig in Ordnung, Grenzen zu setzen. Klare Kommunikation hilft: Wer früh sagt, was geht und was nicht, schützt sich selbst. Zum Beispiel: „Ich spreche gern mit Ihnen, aber nur in einem respektvollen Ton.“ Auch einfache Stopp-Sätze wie „Ich möchte, dass Sie jetzt Abstand halten“ können Sicherheit geben.

Wichtig ist, sich Unterstützung zu holen – Kollegen und Kolleginnen oder Vorgesetzte dazuziehen, wenn Konflikte entstehen, und Aufgaben abgeben, wenn es zu viel wird. Vorfälle sollten dokumentiert werden: Wer war beteiligt, was ist passiert, wann? Bei Bedrohungen helfen konkrete Notizen, wie etwa Telefonnummern oder Wortlaut.

Es ist auch gut zu wissen, wo es Hilfe gibt: Ärztekammern, Berufsverbände wie der vmf e.V., Gewerkschaften wie ver.di oder die BGW bieten Beratung und Schulungen. Teams, die sich gegenseitig stärken, erleben weniger Stress und mehr Handlungssicherheit, auch in schwierigen Momenten.

Konflikte mit Deeskalation und Selbstbewusstsein entschärfen

Viele Konflikte lassen sich entschärfen, wenn man ruhig bleibt. Das lässt sich trainieren: nicht kontern, tief durchatmen, ruhig sprechen und bewusst Pausen setzen. Mit klarer Körpersprache und Sätzen wie „Ich sehe, dass Sie sich ärgern“ signalisiert man Präsenz und Gesprächsbereitschaft.

Selbstbewusstsein wächst durch Übung – etwa in Rollenspielen, Selbstbehauptungstrainings oder durch Stimm- und Entspannungsübungen. Eine klare Haltung hilft, Grenzen zu wahren, ohne zu verletzen.

Psychologischer Hintergrund: Menschen spiegeln sich unbewusst. Wer Ruhe ausstrahlt, löst eher Entspannung beim Gegenüber aus – oder verschärft den Konflikt weniger.

Schutzstrategien und Anlaufstellen

Mentale Stärke ist wichtig, aber Praxisteams brauchen auch ganz konkrete Schutzmechanismen. Dazu gehört räumliche Sicherheit, etwa Sichtschutz am Empfang, ein Abstand zwischen Tür und Tresen oder ein Deeskalationsknopf. In kritischen Situationen gilt: Nie allein in aggressive Gespräche gehen. Im Zweifel lieber den Raum verlassen, Kolleg:innen dazuholen oder gezielt ansprechen. Eine Notfall-Checkliste sollte jederzeit griffbereit sein.

Regeln sollten sichtbar sein: Etwa als Aushang im Empfangsbereich oder auf der Website. Wenn es zu Vorfällen kommt, ist dokumentieren Pflicht: Wer war beteiligt, was ist passiert? Die Praxisleitung sollte informiert und – wenn nötig – Anzeige erstattet werden. Psychologische Unterstützung ist über die BGW oder externe Fachkräfte möglich.

Teamarbeit und Führung: Was Praxen von Innen stärkt

Der Umgang mit schwierigen Situationen ist keine Aufgabe für MFA allein. Entscheidend sind gute Führung, klare Strukturen und ein starkes Miteinander im Team. Regelmäßige Teambesprechungen mit Raum für konkrete Fälle helfen ebenso wie eine Praxisleitung, die selbst mit gutem Beispiel vorangeht.

Notfallpläne sollten schriftlich festgelegt sein – wer übernimmt was, wenn es ernst wird? Wertschätzung im Alltag, ehrliches Feedback und Raum für Gefühle stärken die Zusammenarbeit. Und ganz wichtig: Wenn Praxisinhaber:innen sichtbar hinter ihrem Team stehen, stärkt das nicht nur die Moral, sondern sendet auch Patient:innen ein klares Signal – hier gelten Regeln.

Fazit: Gemeinsam stark – auch im Sturm

Schwierige Patientensituationen sind heute keine Ausnahme mehr, aber Praxisteams sind dem nicht hilflos ausgeliefert. Mit guter Vorbereitung, klarer Kommunikation und echter Teamarbeit entsteht Sicherheit, auch in angespannten Momenten.

Jede Praxis kann Schutzräume schaffen – räumlich, emotional und organisatorisch. Der Schlüssel liegt in Wertschätzung, Klarheit und Selbstwirksamkeit.

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